
Die Kamille (Matricaria chamomilla, auch Matricaria recutita) gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Heilpflanzen weltweit und wird seit Jahrtausenden für ihre vielfältigen heilenden Eigenschaften geschätzt. Mit ihren charakteristischen weißen Blütenblättern und gelben Blütenköpfchen ist sie eine der erkennbarsten Pflanzen auf Wiesen und in Gärten. Ihr apfelähnlicher Duft ist unverwechselbar und gibt der Pflanze auch ihren Namen – „chamomilla“ leitet sich vom griechischen „chamos“ (Erde) und „melos“ (Apfel) ab. In der traditionellen Heilkunde zahlreicher Kulturen wird die Kamille bei einer beeindruckenden Vielzahl von Beschwerden eingesetzt – von Magen-Darm-Problemen über Hautentzündungen bis hin zu Schlafstörungen. Dieser Artikel beleuchtet die Heilwirkungen der Kamille, ihre wichtigsten Anwendungsgebiete und gibt praktische Tipps für die eigene Nutzung dieser sanften, aber wirksamen Heilpflanze.
Die Kamille in der Geschichte
Die Kamille hat eine lange Geschichte als Heilpflanze, die bis in die Antike zurückreicht. Bereits der griechische Arzt Hippokrates (460-370 v. Chr.), der als Vater der modernen Medizin gilt, beschrieb die Kamille und ihre heilenden Eigenschaften. Die alten Ägypter weihten die Pflanze dem Sonnengott Ra und verwendeten sie bei Fieber, als Wundheilmittel und zur Einbalsamierung. In der römischen Medizin lobte Plinius der Ältere die Kamille für ihre heilenden Eigenschaften bei einer Vielzahl von Beschwerden.
Im Mittelalter wurde die Kamille von Hildegard von Bingen und anderen Kräuterkundigen für ihre vielseitigen Heilwirkungen geschätzt. Zu dieser Zeit wurde sie in Klostergärten kultiviert und war ein wichtiger Bestandteil der Klostermedizin. Die berühmte Äbtissin empfahl Kamille bei Magenschmerzen, zur Beruhigung und bei Frauenleiden. Im 16. Jahrhundert bezeichnete der Botaniker und Arzt Hieronymus Bock die Kamille als „Blume der Sonne“, und im 17. Jahrhundert nannte sie Nicholas Culpeper das „Arzt-Kraut“, das bei vielen Beschwerden helfen könne.

Inhaltsstoffe und Wirkungen
Die therapeutische Wirkung der Kamille basiert auf einer komplexen Zusammensetzung bioaktiver Substanzen. Besonders die Blütenköpfchen enthalten eine Vielzahl wertvoller Inhaltsstoffe, die für die heilende Wirkung verantwortlich sind. Die wichtigsten umfassen ätherisches Öl mit Chamazulen und α-Bisabolol, Flavonoide wie Apigenin und Luteolin, Schleimstoffe, Cumarine, sowie Bitterstoffe und Mineralstoffe. Diese Vielfalt erklärt das breite Wirkspektrum der Kamille, das von entzündungshemmend über beruhigend bis hin zu antimikrobiell reicht.
Inhaltsstoff | Hauptwirkung | Anwendungsbereiche |
---|---|---|
Ätherisches Öl (Chamazulen, α-Bisabolol) |
Entzündungshemmend, antimikrobiell, krampflösend | Hautreizungen, Schleimhautentzündungen, Verdauungskrämpfe |
Flavonoide (Apigenin, Luteolin) |
Beruhigend, antioxidativ, spasmolytisch | Nervöse Unruhe, Schlafstörungen, Magenkrämpfe |
Schleimstoffe | Reizlindernd, befeuchtend | Schleimhautentzündungen, Magenschleimhautreizungen |
Cumarine | Beruhigend, gefäßerweiternd | Nervöse Unruhe, Durchblutungsförderung |
Bitterstoffe | Verdauungsfördernd, appetitanregend | Appetitlosigkeit, Verdauungsprobleme |
Phenolcarbonsäuren | Antioxidativ, antibakteriell | Freie Radikale neutralisieren, Infektionen hemmen |
Mineralstoffe (Kalium, Calcium, Magnesium) |
Stoffwechselunterstützend | Allgemeine Gesundheitsförderung |
Besonders hervorzuheben ist die entzündungshemmende Wirkung der Kamille, die hauptsächlich auf das tiefblaue Chamazulen und das α-Bisabolol zurückzuführen ist. Diese Substanzen entstehen teilweise erst bei der Trocknung und Zubereitung der Pflanze und hemmen Entzündungsprozesse auf verschiedenen Ebenen. Die krampflösenden Eigenschaften, die vor allem auf die Flavonoide zurückgehen, machen Kamille zu einem beliebten Mittel bei Magen-Darm-Beschwerden und Menstruationskrämpfen. Die beruhigende Wirkung auf das Nervensystem, vor allem durch das Flavonoid Apigenin, erklärt die traditionelle Verwendung bei Schlafproblemen und nervöser Unruhe.
Anwendungsbereiche in der Naturheilkunde
Kamille ist eine der vielseitigsten Heilpflanzen mit einem breiten Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten in der Naturheilkunde:
- Magen-Darm-Beschwerden: Bei Verdauungsstörungen, Blähungen, Krämpfen, Magenschmerzen und Reizdarmsyndrom kann Kamillentee die Beschwerden lindern und die Verdauung regulieren.
- Entzündungen der Haut und Schleimhäute: Äußerlich angewendet hilft Kamille bei Hautreizungen, leichten Verbrennungen, Windeldermatitis, Ekzemen und Akne. Auch bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum wirkt sie lindernd.
- Frauenheilkunde: Traditionell wird Kamille bei Menstruationsbeschwerden, Unterleibskrämpfen und zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden eingesetzt.
- Nervensystem: Kamille wirkt beruhigend bei Stress, nervöser Unruhe und Schlafstörungen. Besonders bei Kindern ist sie ein sanftes Einschlafmittel.
- Atemwegserkrankungen: Bei Erkältungen, Bronchitis und verstopften Nebenhöhlen können Kamillendampfbäder und -tees Linderung verschaffen.
- Augenbeschwerden: Kamillenlösungen werden traditionell bei leichten Bindehautentzündungen und müden, gereizten Augen verwendet.
- Kinderheilkunde: Aufgrund ihrer sanften Wirkung ist Kamille besonders für Kinder geeignet – bei Bauchschmerzen, Unruhe, leichten Hautirritationen und als beruhigendes Badezusatz.

In der modernen Phytotherapie wird Kamille intensiv erforscht, und ihre Wirksamkeit wird durch zahlreiche wissenschaftliche Studien bestätigt. Die entzündungshemmenden und beruhigenden Eigenschaften wurden in klinischen Untersuchungen nachgewiesen. Die Molecular Medicine Reports haben mehrere Studien zur entzündungshemmenden und antioxidativen Wirkung von Kamillenextrakten veröffentlicht. Besonders die Wirkung bei Magen-Darm-Beschwerden und als topisches Mittel bei Hautentzündungen ist gut dokumentiert. Auch die beruhigende Wirkung auf das Nervensystem wurde in neueren Studien bestätigt, was die traditionelle Verwendung als Schlafmittel unterstützt.
Anbau und Ernte
Die Kamille ist eine einjährige Pflanze, die relativ leicht im eigenen Garten oder sogar auf dem Balkon angebaut werden kann. Sie bevorzugt sonnige bis halbschattige Standorte und gedeiht am besten auf sandigen, nicht zu nährstoffreichen Böden. In zu fetten Böden bildet sie oft viel Blattwerk, aber weniger Blüten.
Die Aussaat erfolgt idealerweise im frühen Frühjahr direkt ins Freiland. Da Kamille ein Lichtkeimer ist, werden die Samen nur leicht angedrückt, aber nicht mit Erde bedeckt. Nach etwa einer Woche erscheinen die ersten zarten Keimlinge. Die Pflanzen benötigen regelmäßige, aber nicht übermäßige Bewässerung und kaum Düngung. Zu viele Nährstoffe können sogar kontraproduktiv sein und die Blütenbildung hemmen.
Für medizinische Zwecke werden hauptsächlich die Blütenköpfchen verwendet. Die Ernte erfolgt idealerweise, wenn die weißen Blütenblätter waagerecht oder leicht nach unten geneigt stehen – zu diesem Zeitpunkt ist der Gehalt an ätherischen Ölen und anderen Wirkstoffen am höchsten. Die beste Erntezeit ist ein sonniger, trockener Tag am Vormittag, nachdem der Tau getrocknet ist. Die Blütenköpfchen werden vorsichtig mit den Fingern oder einem speziellen Kamillenkamm abgezupft. Es ist wichtig, nur die Blüten und nicht zu viel vom Stängel mitzunehmen.
Nach der Ernte sollten die Kamillenblüten zügig und schonend getrocknet werden, um die wertvollen ätherischen Öle zu bewahren. Die Trocknung erfolgt am besten auf Trockensieben oder Tüchern an einem luftigen, schattigen und warmen Ort. Direkte Sonneneinstrahlung sollte vermieden werden, da sie zum Verlust der ätherischen Öle führen kann. Die Blüten sind trocken, wenn sie beim Zerreiben zwischen den Fingern brüchig werden. Gut getrocknete Kamillenblüten behalten ihre hellgelbe bis leicht grünliche Farbe und den charakteristischen, apfelähnlichen Duft.

Zubereitung und Anwendung
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die heilenden Kräfte der Kamille zu nutzen. Hier sind einige der bewährten Zubereitungen:
- Tee: 1-2 Teelöffel getrocknete Kamillenblüten mit einer Tasse heißem, nicht mehr kochendem Wasser (ca. 80°C) übergießen und 5-10 Minuten zugedeckt ziehen lassen. Bei Verdauungsbeschwerden 2-3 Tassen täglich trinken, idealerweise nach den Mahlzeiten. Zur Beruhigung eine Tasse am Abend vor dem Schlafengehen.
- Dampfbad: Bei Erkältungen, verstopften Nebenhöhlen oder zur Hautpflege einen starken Kamillentee in einer Schüssel vorbereiten, ein Handtuch über den Kopf legen und 5-10 Minuten den Dampf einatmen.
- Gesichtswasser: Einen starken Kamillentee abkühlen lassen und als erfrischendes, entzündungshemmendes Gesichtswasser verwenden. Besonders bei unreiner oder empfindlicher Haut wirksam.
- Umschläge und Kompressen: Bei Hautentzündungen, Augenreizungen oder schmerzhaften Schwellungen ein sauberes Tuch in abgekühlten Kamillentee tauchen, auswringen und auf die betroffene Stelle legen.
- Vollbad: Ein Kamillenbad wirkt entspannend und hautberuhigend. 100 g getrocknete Kamillenblüten mit 2 Litern kochendem Wasser übergießen, 15 Minuten ziehen lassen, abseihen und dem Badewasser zugeben.
- Spülung: Bei Zahnfleischentzündungen, Mundschleimhautentzündungen oder Halsweh mit einem starken, abgekühlten Kamillentee spülen oder gurgeln.
- Kamillenöl: Kamillenblüten in hochwertiges Öl (z.B. Olivenöl oder Mandelöl) einlegen und 3-4 Wochen an einem warmen, dunklen Ort ziehen lassen. Das filtrierte Öl kann für Massagen bei empfindlicher Haut, Babypflege oder als pflegendes Hautöl verwendet werden.
Tipps für die optimale Anwendung von Kamille
- Qualität beachten: Für medizinische Zwecke sollte echte Kamille (Matricaria chamomilla) verwendet werden, nicht die römische Kamille oder Färberkamille. Achten Sie auf Bio-Qualität und eine schonende Trocknung.
- Teezubereitung: Verwenden Sie kein kochendes Wasser für Kamillentee, da die ätherischen Öle sonst verdampfen. Ideal ist eine Temperatur von 80-90°C und eine Ziehzeit von 5-10 Minuten unter einem Deckel.
- Aufbewahrung: Getrocknete Kamillenblüten in luftdichten, dunklen Gläsern aufbewahren, um Aroma und Wirkstoffe zu erhalten. Die Haltbarkeit beträgt bei korrekter Lagerung etwa 12-18 Monate.
- Wirkverstärkung: Die Wirkung von Kamillentee kann durch Zugabe von anderen Heilkräutern verstärkt werden – z.B. Pfefferminze bei Verdauungsbeschwerden, Lavendel zur Beruhigung oder Thymian bei Erkältungen.
- Hautanwendung: Vor der großflächigen Anwendung von Kamillenprodukten auf der Haut sollte ein Hautverträglichkeitstest durchgeführt werden, besonders bei empfindlicher oder allergischer Haut.
Vorsichtsmaßnahmen und Gegenanzeigen
Obwohl Kamille als eine der sichersten Heilpflanzen gilt, gibt es einige wichtige Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. Personen mit bekannter Allergie gegen Pflanzen der Korbblütlerfamilie (Asteraceae), zu der auch Kamille gehört, sollten vorsichtig sein, da Kreuzallergien möglich sind. Dies betrifft insbesondere Menschen mit Allergien gegen Beifuß, Ragweed, Arnika, Ringelblume oder Schafgarbe. Allergische Reaktionen können von Hautausschlägen über Juckreiz bis hin zu selteneren, aber ernsteren Symptomen wie Atembeschwerden reichen.
Bei der Anwendung von Kamille auf den Augen ist Vorsicht geboten. Obwohl Kamillen-Augenwasser traditionell bei Bindehautentzündungen verwendet werden, sollten selbst hergestellte Präparate nicht direkt ins Auge getropft werden, sondern nur für Kompressen verwendet werden. Bei Augenbeschwerden ist generell ärztlicher Rat einzuholen.
In seltenen Fällen können hochdosierte Kamillenpräparate die Wirkung von blutverdünnenden Medikamenten verstärken. Personen, die Antikoagulanzien einnehmen, sollten vor einer regelmäßigen, hochdosierten Anwendung von Kamillenprodukten ihren Arzt konsultieren. Auch Wechselwirkungen mit beruhigenden Medikamenten sind theoretisch möglich, da Kamille selbst eine milde sedierende Wirkung hat.
In der Schwangerschaft kann Kamillentee in moderaten Mengen als sicher angesehen werden, sehr hohe Dosen sollten jedoch vermieden werden. Dies gilt besonders für konzentrierte Extrakte oder ätherisches Kamillenöl, da diese theoretisch wehenfördernde Eigenschaften haben könnten. Im Zweifelsfall sollte Rücksprache mit einem Arzt oder einer Hebamme gehalten werden.
Kamille in der modernen Zeit
In unserer modernen Zeit erlebt die Kamille eine Renaissance als vielseitige Heilpflanze. Nach Jahrzehnten, in denen die traditionelle Pflanzenmedizin oft von synthetischen Präparaten in den Hintergrund gedrängt wurde, wächst das Interesse an natürlichen, sanften Heilmitteln wieder. Die Kamille spielt dabei eine zentrale Rolle – nicht nur als Hausmittel, sondern auch in der evidenzbasierten Phytotherapie und modernen Medikamenten.

Im Bereich der Hautpflege und Dermatologie hat die Kamille einen festen Platz erobert. Wissenschaftliche Studien bestätigen ihre entzündungshemmenden und beruhigenden Eigenschaften, was zu einer breiten Anwendung in Hautpflegeprodukten, Babypflegeartikeln und dermatologischen Präparaten geführt hat. Kamillenextrakte finden sich in Cremes gegen Neurodermitis, Rosacea und andere Hautirritationen, und selbst in der Kosmetikindustrie werden die hautpflegenden Eigenschaften der Kamille geschätzt.
Die Gastroenterologie nutzt die krampflösenden und entzündungshemmenden Eigenschaften der Kamille bei funktionellen Magen-Darm-Beschwerden. Moderne Studien bestätigen die Wirksamkeit bei Reizdarmsyndrom, leichten Magenschleimhautentzündungen und Verdauungsbeschwerden. Auch als Bestandteil von Präparaten zur Behandlung von Zahnfleischentzündungen, Mundschleimhautverletzungen und in Kinderzahnpasten ist Kamille heute weit verbreitet.
Im Bereich der Stressreduktion und des mentalen Wohlbefindens wird Kamille zunehmend wissenschaftlich untersucht. Studien zeigen, dass regelmäßiger Konsum von Kamillentee den Cortisolspiegel senken und milde Angstzustände lindern kann. Das enthaltene Apigenin bindet an die gleichen Rezeptoren im Gehirn wie verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel, jedoch mit deutlich milderen Effekten und ohne Abhängigkeitspotenzial. In einer hektischen, stressgeladenen Welt gewinnt diese sanfte, natürliche Unterstützung des Nervensystems neue Wertschätzung.
Fazit
Die Kamille verkörpert auf beeindruckende Weise die zeitlose Weisheit der Naturheilkunde – eine unscheinbare Pflanze mit außergewöhnlichem Heilpotenzial, die seit Jahrtausenden Menschen bei alltäglichen Beschwerden unterstützt. Von ihrer beruhigenden Wirkung bei Verdauungsbeschwerden über ihre entzündungshemmenden Eigenschaften bei Hautproblemen bis hin zu ihrer sanften, ausgleichenden Wirkung auf das Nervensystem bietet Kamille ein beeindruckendes Spektrum an Heilwirkungen, die zunehmend auch wissenschaftlich validiert werden.
Die Vielseitigkeit der Kamille – als Heilmittel, beruhigender Tee und Bestandteil von Hautpflegeprodukten – macht sie zu einer der wertvollsten Pflanzen in der Naturheilkunde. Ihre sanfte Wirkung, die geringe Nebenwirkungsrate und die einfache Anwendung ermöglichen es jedem, die wohltuenden Kräfte dieser traditionsreichen Heilpflanze selbst zu erfahren.
In einer Zeit, in der wir uns zunehmend auf natürliche, ganzheitliche Gesundheitsansätze besinnen, erinnert uns die Kamille daran, dass es oft die einfachen, natürlichen Mittel sind, die eine tiefgreifende Wirkung haben können. Mit ihrer langen Geschichte in verschiedenen Heiltraditionen und ihrer zunehmenden Integration in die moderne Medizin steht die Kamille beispielhaft für die Brücke zwischen traditionellem Heilwissen und zeitgemäßer Gesundheitsversorgung – eine Verbindung, die für eine nachhaltige, ganzheitliche Gesundheitskultur immer wichtiger wird.
Häufig gestellte Fragen zur Kamille
Wie unterscheide ich echte Kamille von ähnlichen Pflanzen?
+Die echte Kamille (Matricaria chamomilla) hat einige charakteristische Merkmale, die sie von ähnlichen Pflanzen unterscheiden:
- Blütenköpfchen: Die Blütenköpfchen der echten Kamille sind kegelförmig nach oben gewölbt und innen hohl. Dieses Merkmal ist besonders wichtig zur Unterscheidung von ähnlichen Arten.
- Geruch: Beim Zerreiben verströmen die Blüten einen charakteristischen, angenehm süßlichen, apfelähnlichen Duft.
- Blütenblätter: Die weißen Zungenblüten hängen mit fortschreitender Blütezeit leicht nach unten.
- Blütenstandboden: Der Blütenboden ist kegelförmig erhöht und innen hohl – ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal.
- Stängel: Der Stängel ist meist verzweigt, dünn und kann bis zu 50 cm hoch werden.
- Blätter: Die Blätter sind fein gefiedert, fast fadenförmig und stehen wechselständig am Stängel.
- Geruchlose Kamille (Tripleurospermum inodorum): Hat keinen oder nur einen schwachen Geruch, einen soliden (nicht hohlen) Blütenboden und wächst meist höher.
- Römische Kamille (Chamaemelum nobile): Hat gefüllte Blüten, einen flachen Blütenboden und einen stärkeren, weniger süßlichen Geruch.
- Hundskamille (Anthemis arvensis): Hat einen soliden, nicht hohlen Blütenboden und keinen charakteristischen Kamillenduft.
- Färberkamille (Anthemis tinctoria): Hat gelbe statt weiße Zungenblüten.
Welche wissenschaftlichen Belege gibt es für die Wirksamkeit von Kamille?
+Die Wirksamkeit der Kamille ist durch eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien gut belegt. Hier ein Überblick über einige wichtige Forschungsergebnisse:
- Entzündungshemmende Wirkung: Mehrere In-vitro- und In-vivo-Studien haben die antientzündlichen Eigenschaften von Kamillenextrakten nachgewiesen. Das in der Kamille enthaltene Chamazulen und α-Bisabolol hemmen nachweislich die Produktion von Prostaglandinen und Leukotrienen, welche an Entzündungsprozessen beteiligt sind. Eine 2020 veröffentlichte Metaanalyse im Journal of Ethnopharmacology bestätigte die entzündungshemmende Wirkung in verschiedenen Gewebetypen.
- Hauterkrankungen: Klinische Studien haben die Wirksamkeit von Kamillenpräparaten bei verschiedenen Hauterkrankungen gezeigt. Eine randomisierte, kontrollierte Studie im Journal of Dermatological Treatment zeigte, dass eine kamillenhaltige Creme bei leichter bis mittelschwerer Neurodermitis ähnlich wirksam war wie ein niedrig dosiertes Hydrocortison, jedoch ohne dessen Nebenwirkungen.
- Magen-Darm-Beschwerden: Eine Studie im Digestive Diseases and Sciences Journal demonstrierte, dass Kamillentee die Symptome des Reizdarmsyndroms signifikant lindern kann. Die krampflösende Wirkung auf die glatte Muskulatur des Verdauungstrakts wurde in mehreren pharmakologischen Studien nachgewiesen.
- Angst und Schlafstörungen: Eine achtwöchige, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie an der University of Pennsylvania zeigte, dass Patienten mit generalisierter Angststörung, die Kamillenextrakt erhielten, eine signifikante Reduktion der Angstsymptome erfuhren. Das in der Kamille enthaltene Apigenin bindet an Benzodiazepinrezeptoren im Gehirn, was seine anxiolytische Wirkung erklärt.
- Wundheilung: Studien in der Zeitschrift Burns zeigten, dass Kamillenextrakte die Wundheilung beschleunigen können, indem sie die Bildung von Granulationsgewebe fördern und antimikrobielle Eigenschaften entfalten.
- Mundgesundheit: Eine in den Archives of Oral Biology veröffentlichte Studie belegte, dass Kamillenlösungen die Bildung von Plaque und Gingivitis reduzieren können, vergleichbar mit Chlorhexidin, jedoch mit weniger Nebenwirkungen.
Wie kann ich Kamille bei Kindern sicher anwenden?
+Kamille gilt als eine der sanftesten Heilpflanzen und kann bei Kindern in verschiedenen Altersgruppen sicher angewendet werden, wenn einige wichtige Punkte beachtet werden:
- Säuglinge (0-12 Monate):
- Bei Blähungen oder Koliken kann ein verdünnter Kamillentee (1 Teelöffel Blüten auf 250 ml Wasser) in kleinen Mengen von 10-30 ml gegeben werden.
- Für Windeldermatitis können Kamillenbäder (ein schwacher Aufguss im Badewasser) oder spezielle Babycremes mit Kamillenextrakt verwendet werden.
- Bei Säuglingen unter 6 Monaten sollte vor der Anwendung von Kamille stets Rücksprache mit dem Kinderarzt gehalten werden.
- Kleinkinder (1-3 Jahre):
- Bei Bauchschmerzen kann Kamillentee in kleinen Portionen angeboten werden (maximal 100-150 ml pro Tag).
- Kamillendampfbäder können bei Erkältungen helfen, aber achten Sie auf einen ausreichenden Abstand zur heißen Flüssigkeit, um Verbrühungen zu vermeiden.
- Kamillenkompressen können bei kleinen Hautirritationen, Insektenstichen oder leichten Verbrennungen aufgelegt werden.
- Kinder (4-12 Jahre):
- Kamillentee kann regelmäßiger angeboten werden, besonders bei Magenverstimmungen, Unruhe oder als beruhigendes Abendritual.
- Gurgeln mit lauwarmem Kamillentee kann bei Halsschmerzen oder leichten Entzündungen im Mundraum helfen.
- Kamillenbadbäder können bei Hautproblemen oder zur allgemeinen Entspannung verwendet werden.
- Immer auf Allergien achten: Kinder mit bekannten Allergien gegen Korbblütler (wie Sonnenblumen, Ringelblume, Arnika) sollten Kamille meiden.
- Bei der ersten Anwendung mit einer kleinen Menge beginnen und auf allergische Reaktionen achten.
- Für Kinder zubereiteter Kamillentee sollte schwächer dosiert werden (1 Teelöffel auf 250 ml statt der üblichen 2 Teelöffel).
- Kamillentee für Kinder nicht süßen oder nur mit wenig Honig (nur für Kinder über 12 Monate!) oder natürlichen Süßungsmitteln versehen.
- Bei Augenkompression nur sehr schwache, abgekühlte Aufgüsse verwenden und nie direkt ins Auge tropfen.
- Bei anhaltenden oder schweren Symptomen immer einen Arzt aufsuchen – Kamille ist eine unterstützende Maßnahme, kein Ersatz für medizinische Behandlung.
Gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Kamillenarten und ihrer Wirkung?
+Ja, es gibt bedeutende Unterschiede zwischen verschiedenen Kamillenarten, die sich sowohl in ihren botanischen Merkmalen als auch in ihrer therapeutischen Wirkung widerspiegeln:
- Echte Kamille (Matricaria chamomilla/recutita):
- Botanische Merkmale: Kegelförmiger, hohler Blütenboden, fein gefiederte Blätter, apfelähnlicher Duft.
- Inhaltsstoffe: Reich an ätherischem Öl mit hohem Chamazulen- und α-Bisabolol-Gehalt, enthält das Flavonoid Apigenin.
- Wirkung: Starke entzündungshemmende, krampflösende und beruhigende Eigenschaften. Besonders wirksam bei Magen-Darm-Beschwerden, Entzündungen und nervöser Unruhe.
- Verwendung: Standardmäßig in der Phytotherapie für innere und äußere Anwendungen eingesetzt.
- Römische Kamille (Chamaemelum nobile):
- Botanische Merkmale: Mehrjährige Pflanze, flacher Blütenboden, stärker gefiederte Blätter, intensiverer, weniger süßlicher Geruch.
- Inhaltsstoffe: Enthält andere ätherische Öle (Angelat-Ester), weniger Chamazulen, mehr Bitter- und Gerbstoffe.
- Wirkung: Stärker bitterstoffartig und tonisierend, besonders wirksam bei Verdauungsbeschwerden und als Magenstärkungsmittel. Weniger entzündungshemmend als die echte Kamille.
- Verwendung: Traditionell mehr in der englischen und mediterranen Kräutermedizin, besonders bei Verdauungsproblemen und als Bitterstoffdroge.
- Färberkamille (Anthemis tinctoria):
- Botanische Merkmale: Gelbe Blütenblätter statt weiße, robustere Pflanze.
- Inhaltsstoffe: Enthält Flavonoide und Gerbstoffe, aber weniger ätherische Öle.
- Wirkung: Schwächere medizinische Wirkung, traditionell mehr als Färberpflanze verwendet.
- Verwendung: Historisch zum Färben von Textilien, seltener für medizinische Zwecke.
- Hundskamille (Anthemis arvensis) und Geruchlose Kamille (Tripleurospermum inodorum):
- Diese Arten haben deutlich geringere Gehalte an therapeutisch wirksamen Inhaltsstoffen und werden in der Phytotherapie nicht verwendet.
- Für die meisten medizinischen Anwendungen wird die echte Kamille (Matricaria chamomilla) bevorzugt, da sie den höchsten Gehalt an entzündungshemmenden Komponenten wie Chamazulen und α-Bisabolol aufweist.
- Römische Kamille kann bei Verdauungsbeschwerden manchmal sogar wirksamer sein aufgrund ihres höheren Bitterstoffgehalts und wird daher in manchen bitteren Magentees und -likören bevorzugt.
- In kommerziellen Produkten wird fast ausschließlich die echte Kamille verwendet, was auf Produkten als „Matricaria chamomilla“ oder „Matricaria recutita“ gekennzeichnet sein sollte.
- Der Wirkstoffgehalt kann selbst innerhalb der echten Kamille je nach Anbaugebiet, Erntezeitpunkt, Verarbeitung und Lagerung erheblich variieren. Hochwertige Arzneikamille sollte mindestens 0,4% ätherisches Öl mit einem hohen Anteil an Chamazulen enthalten.
Wie kann ich Kamille mit anderen Heilkräutern kombinieren?
+Kamille lässt sich hervorragend mit anderen Heilkräutern kombinieren, um ihre Wirkung zu verstärken oder zu ergänzen. Hier sind einige bewährte Kombinationen für verschiedene Anwendungsbereiche:
- Bei Verdauungsbeschwerden:
- Kamille + Pfefferminze: Klassische Kombination bei Blähungen, Völlegefühl und Magenkrämpfen. Die Pfefferminze verstärkt die krampflösende Wirkung und sorgt für ein erfrischendes Aroma.
- Kamille + Fenchel + Anis + Kümmel: Die traditionelle „Vier-Winde-Teemischung“ bei Blähungen und Bauchschmerzen, besonders gut für Kinder geeignet.
- Kamille + Süßholz: Bei Magenschleimhautentzündungen und Sodbrennen, da die schleimhautschützende Wirkung beider Kräuter sich ergänzt.
- Kamille + Löwenzahnwurzel: Bei Verdauungsschwäche und zur Leberunterstützung, kombiniert die beruhigende Wirkung der Kamille mit der stoffwechselanregenden des Löwenzahns.
- Bei Erkältungen und Atemwegserkrankungen:
- Kamille + Thymian: Bei Bronchitis und Husten, verbindet die entzündungshemmende Wirkung der Kamille mit den antibakteriellen und schleimlösenden Eigenschaften des Thymians.
- Kamille + Holunderblüten + Lindenblüten: Bei fiebrigen Erkältungen, fördert das Schwitzen und unterstützt das Immunsystem.
- Kamille + Salbei: Zum Gurgeln bei Hals- und Zahnfleischentzündungen, kombiniert die beruhigende Wirkung der Kamille mit der stark antiseptischen des Salbeis.
- Zur Beruhigung und bei Schlafstörungen:
- Kamille + Baldrian: Bei Einschlafproblemen, die milde Wirkung der Kamille wird durch die stärker sedierende des Baldrians ergänzt.
- Kamille + Lavendel + Melisse: Bei nervöser Unruhe, Angstzuständen und stressbedingten Schlafstörungen.
- Kamille + Passionsblume: Bei Unruhe mit kreisenden Gedanken, die beruhigende Wirkung beider Pflanzen ergänzt sich.
- Kamille + Johanniskraut: Bei leichten depressiven Verstimmungen mit Schlafstörungen.
- Für Hautanwendungen:
- Kamille + Ringelblume: In Salben oder Kompressen bei Hautreizungen und Wunden, beide Pflanzen fördern die Wundheilung.
- Kamille + Hamamelis: Bei Hautentzündungen mit Juckreiz, kombiniert entzündungshemmende mit zusammenziehenden Eigenschaften.
- Kamille + Schafgarbe: Als Kompresse bei Hautunreinheiten und Akne.
- Kamille + Arnika: Bei Prellungen und stumpfen Verletzungen (nur äußerlich anwenden!).
- Bei Frauenbeschwerden:
- Kamille + Frauenmantel: Bei Menstruationsbeschwerden und zur Regulierung des Zyklus.
- Kamille + Schafgarbe + Mönchspfeffer: Bei hormonellem Ungleichgewicht und PMS-Symptomen.
- Kamille + Hopfen + Melisse: Bei Wechseljahresbeschwerden mit nervöser Komponente.
- Für Teemischungen die Kräuter zu gleichen Teilen mischen oder das Hauptkraut im Verhältnis 2:1 zu den ergänzenden Kräutern.
- Bei der Kombination verschiedener Kräuter können sowohl synergistische (sich verstärkende) als auch komplementäre (sich ergänzende) Effekte genutzt werden.
- Die Ziehzeit dem Kraut anpassen, das am längsten ziehen muss – bei gemischten Tees oft 7-10 Minuten.
- Für äußere Anwendungen können verschiedene Kräuterextraktionen kombiniert werden, z.B. Kamillenöl mit Ringelblumensalbe.
- Mit Gewürzkräutern wie Zimt, Kardamom oder Ingwer kann der Geschmack verbessert und gleichzeitig die Wirkung ergänzt werden.