
Der Beifuß (Artemisia vulgaris) gehört zu den ältesten Heilpflanzen der Menschheit und wird seit Jahrtausenden in verschiedenen Kulturkreisen geschätzt. Mit seinen fein gefiederten, oberseits dunkelgrünen und unterseits silbrig behaarten Blättern und dem charakteristischen würzig-aromatischen Duft ist er an Wegrändern, Schuttplätzen und Brachflächen in ganz Europa zu finden. In der traditionellen Heilkunde zahlreicher Kulturen spielt diese unscheinbare, aber kraftvolle Pflanze eine bedeutende Rolle – von der chinesischen Medizin über die europäische Klosterheilkunde bis hin zu indigenen amerikanischen Heiltraditionen. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Heilwirkungen des Beifuß, seine Anwendungsgebiete und praktische Tipps für die eigene Nutzung.
Der Beifuß in der Geschichte
Die Geschichte des Beifuß als Heilpflanze reicht weit zurück. Sein wissenschaftlicher Name „Artemisia“ ehrt die griechische Göttin Artemis, die Schutzpatronin der Frauen und der Geburt, was bereits auf seine traditionelle Anwendung in der Frauenheilkunde hinweist. Im Mittelalter galt Beifuß als eine der wichtigsten Heilpflanzen und war Teil der „Neun-Kräuter-Würze“ gegen böse Mächte und Krankheiten. Hildegard von Bingen empfahl ihn bei Verdauungsbeschwerden und zur Unterstützung der „Lebenskraft“.
Im asiatischen Raum, besonders in China und Japan, hat Beifuß eine noch längere Tradition. Die eng verwandte Art Artemisia argyi wird dort für die Moxibustion verwendet, eine Wärmetherapie der Traditionellen Chinesischen Medizin, bei der getrockneter Beifuß auf bestimmten Akupunkturpunkten abgebrannt wird. Auch in Nordamerika nutzten indigene Völker Beifuß-Arten für rituelle und medizinische Zwecke. Der europäische Beifuß kam mit den Siedlern in die Neue Welt und wurde dort schnell in lokale Heiltraditionen integriert.

Inhaltsstoffe und Wirkungen
Die therapeutische Wirkung des Beifuß basiert auf seiner komplexen Zusammensetzung aus verschiedenen bioaktiven Substanzen. Die wichtigsten Inhaltsstoffe umfassen ätherische Öle mit über 70 identifizierten Komponenten, Sesquiterpenlactone wie Vulgarin, Flavonoide, Bitter- und Gerbstoffe sowie verschiedene Mineralstoffe. Diese Vielfalt erklärt das breite Wirkspektrum der Pflanze, das von verdauungsfördernd über entzündungshemmend bis hin zu krampflösend reicht.
Inhaltsstoff | Hauptwirkung | Anwendungsbereiche |
---|---|---|
Ätherische Öle (Cineol, Thujon, Campher) |
Antimikrobiell, krampflösend, appetitanregend | Verdauungsbeschwerden, Appetitlosigkeit, Blähungen |
Sesquiterpenlactone (Vulgarin, Psilostachyin) |
Entzündungshemmend, antimikrobiell | Chronische Entzündungen, parasitäre Infektionen |
Flavonoide (Quercetin, Rutin) |
Antioxidativ, gefäßschützend | Zellschutz, Kreislaufstärkung, Entgiftung |
Bitterstoffe (Absinthin, Artabsin) |
Verdauungsfördernd, galletreibend | Verdauungsschwäche, Gallenbeschwerden |
Cumarine | Krampflösend, beruhigend | Menstruationsbeschwerden, Nervosität |
Gerbstoffe | Adstringierend, entzündungshemmend | Durchfall, äußerliche Entzündungen |
Mineralstoffe (Kalium, Calcium, Magnesium) |
Stoffwechselregulierend, nervenstärkend | Nervosität, Erschöpfungszustände |
Besonders hervorzuheben ist die verdauungsfördernde Wirkung des Beifuß, die auf die Kombination von Bitterstoffen und ätherischen Ölen zurückzuführen ist. Diese regen die Produktion von Magensäften und Gallensekretion an, was die Fettverdauung verbessert und Verdauungsbeschwerden lindern kann. Die krampflösenden Eigenschaften machen Beifuß zu einem traditionellen Mittel bei Menstruationsbeschwerden und Regelschmerzen. Die in neueren Studien nachgewiesenen antimikrobiellen und antiparasitären Wirkungen bestätigen die traditionelle Verwendung bei Wurmbefall und verschiedenen Infektionen.
Anwendungsbereiche in der Naturheilkunde
Beifuß ist ein vielseitiges Heilkraut mit einem breiten Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten in der Naturheilkunde:
- Verdauungsförderung: Bei Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Blähungen und träger Verdauung kann Beifuß die Produktion von Verdauungssäften anregen und Beschwerden lindern.
- Frauenheilkunde: Traditionell wird Beifuß bei Menstruationsbeschwerden, unregelmäßiger Periode und zur Geburtsvorbereitung eingesetzt. Seine krampflösenden Eigenschaften können Regelschmerzen lindern.
- Nervensystem: Als mildes Nervinum kann Beifuß bei nervöser Unruhe, Schlafstörungen und Erschöpfungszuständen unterstützend wirken.
- Entgiftung und Stoffwechsel: In der traditionellen Medizin wird Beifuß zur Förderung der Ausscheidungsfunktionen und zur Unterstützung von Leber und Nieren verwendet.
- Atemwegserkrankungen: Die schleimlösenden und antimikrobiellen Eigenschaften machen Beifuß zu einem Mittel bei Bronchitis, Husten und verstopften Nasennebenhöhlen.
- Äußere Anwendung: Als Umschlag oder Badezusatz kann Beifuß bei rheumatischen Beschwerden, Muskelschmerzen und Hautproblemen hilfreich sein.
- Moxibustion: In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird getrockneter Beifuß für die Wärmetherapie auf Akupunkturpunkten verwendet.

In der modernen Phytotherapie wird Beifuß zunehmend wissenschaftlich untersucht. Studien bestätigen seine entzündungshemmenden und antimikrobiellen Eigenschaften. Besonders interessant ist die Forschung zu Artemisinin, einem Wirkstoff aus der verwandten Art Artemisia annua, der heute als wichtiges Malariamittel eingesetzt wird. Auch bei der eng verwandten Art Artemisia absinthium (Wermut) wurden antiparasitäre und entzündungshemmende Eigenschaften nachgewiesen, die möglicherweise auch beim gewöhnlichen Beifuß eine Rolle spielen. Das Journal of Ethnopharmacology hat mehrere Studien zur antimikrobiellen Wirkung von Beifuß veröffentlicht.
Anbau und Ernte
Beifuß ist eine robuste und anspruchslose Pflanze, die sich gut für den eigenen Garten oder sogar für die Kultivierung auf dem Balkon eignet. Als heimische Wildpflanze ist er an unser Klima ideal angepasst und benötigt wenig Pflege. Er bevorzugt sonnige bis halbschattige Standorte und kommt mit fast allen Bodenarten zurecht, solange diese nicht zu nass sind.
Die Aussaat erfolgt idealerweise im Frühjahr direkt ins Freiland. Da Beifuß ein Lichtkeimer ist, werden die Samen nur leicht angedrückt, aber nicht mit Erde bedeckt. Alternativ ist auch eine Vermehrung durch Teilung etablierter Pflanzen im Frühjahr oder Herbst möglich. Beifuß kann sehr wuchsfreudig werden und neigt zur Ausbreitung durch Wurzelausläufer, was bei der Standortwahl berücksichtigt werden sollte. Eine regelmäßige Begrenzung verhindert, dass er andere Gartenpflanzen verdrängt.
Für medizinische Zwecke werden hauptsächlich die Blätter und jungen Triebspitzen verwendet. Die beste Erntezeit ist kurz vor oder zu Beginn der Blüte, wenn der Gehalt an Wirkstoffen am höchsten ist, typischerweise von Juni bis August. Die Blätter sollten an einem sonnigen, trockenen Tag am Vormittag geerntet werden, nachdem der Tau getrocknet ist. Nach der Ernte werden die Pflanzenteile zügig im Schatten getrocknet, um die wertvollen ätherischen Öle zu bewahren. Ideal ist das Aufhängen in Bündeln oder die Ausbreitung auf Trockensieben an einem luftigen, dunklen Ort.
Beifuß ist eine mehrjährige Pflanze, die bei guten Bedingungen viele Jahre Erntegut liefern kann. Ein regelmäßiger Rückschnitt nach der Blüte fördert die Bildung neuer Triebe und hält die Pflanze kompakt. In kalten Wintern kann ein leichter Schutz aus Laub oder Reisig für junge Pflanzen sinnvoll sein, obwohl etablierte Beifußpflanzen in der Regel sehr winterhart sind. Bei der Ernte sollte beachtet werden, dass die Blätter auf der Unterseite silbrig behaart sind – ein wichtiges Erkennungsmerkmal, das den Beifuß von ähnlich aussehenden Pflanzen unterscheidet.

Zubereitung und Anwendung
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die heilenden Kräfte des Beifuß zu nutzen. Hier sind einige der bewährten Zubereitungen:
- Tee: 1-2 Teelöffel getrocknete Beifußblätter mit einer Tasse kochendem Wasser übergießen und 5-10 Minuten ziehen lassen. Bei Verdauungsbeschwerden 1-2 Tassen täglich trinken, idealerweise vor den Mahlzeiten. Bei Menstruationsbeschwerden kann die Kur einige Tage vor Einsetzen der Blutung begonnen werden.
- Tinktur: Frische oder getrocknete Beifußblätter mit 40-45%igem Alkohol im Verhältnis 1:5 ansetzen und etwa 2-3 Wochen ziehen lassen. Täglich schütteln und anschließend filtrieren. 10-20 Tropfen in etwas Wasser 1-3 mal täglich einnehmen.
- Sitzbad: Bei Menstruationsbeschwerden oder Unterleibsproblemen können 100 g getrockneter Beifuß mit 2 Litern kochendem Wasser übergossen, 15 Minuten ziehen gelassen und dann dem Badewasser zugegeben werden.
- Umschläge: Ein starker Beifußtee kann als Kompresse bei rheumatischen Beschwerden, Gelenk- oder Muskelschmerzen aufgelegt werden.
- Räucherung: Getrockneter Beifuß kann als Räucherwerk verwendet werden, was in verschiedenen Traditionen zur Reinigung und für rituelle Zwecke genutzt wird.
- Küchengewürz: In kleinen Mengen eignet sich Beifuß als Gewürz für fettreiche Speisen, besonders für Gänse-, Enten- und Schweinebraten. Er unterstützt die Verdauung der fettreichen Mahlzeiten.
- Ölauszug: Beifußblätter in hochwertiges Öl (z.B. Olivenöl) einlegen und 3-4 Wochen an einem warmen, dunklen Ort ziehen lassen. Das filtrierte Öl kann für Massagen bei Muskelschmerzen oder rheumatischen Beschwerden verwendet werden.
Tipps für die optimale Anwendung von Beifuß
- Dosierung beachten: Beifuß ist ein starkes Heilkraut – starten Sie mit kleinen Mengen und steigern Sie bei Bedarf. Die empfohlene Tagesdosis für Erwachsene liegt bei 2-3 g getrockneten Kräutern.
- Aufbewahrung: Getrockneten Beifuß in luftdichten, dunklen Gläsern aufbewahren, um die ätherischen Öle zu erhalten. Die Haltbarkeit beträgt bei korrekter Lagerung etwa 12 Monate.
- Geschmacksverbesserung: Der leicht bittere Geschmack des Beifuß-Tees kann durch Zugabe von Honig, Zitrone oder milderen Kräutern wie Pfefferminze gemildert werden.
- Zyklussynchronisation: Bei der Anwendung zur Regulierung des Menstruationszyklus ist Regelmäßigkeit wichtig. Eine kontinuierliche Anwendung über mehrere Monate kann bessere Ergebnisse bringen.
- Traditioneller Küchentipp: In der Volksmedizin wurde gesagt: „Beifuß tut dem Magen gut, vertreibt die Gicht aus dem Blut“. Als Gewürz für fettreiche Speisen fördert er die Verdauung.
Vorsichtsmaßnahmen und Gegenanzeigen
Obwohl Beifuß ein wertvolles Heilkraut ist, gibt es einige wichtige Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. Der enthaltene Wirkstoff Thujon kann in hohen Dosen neurotoxisch wirken, weshalb Beifuß nicht über längere Zeit oder in großen Mengen eingenommen werden sollte. Schwangere Frauen sollten auf die Anwendung von Beifuß komplett verzichten, da er wehenfördernd wirken und theoretisch zu Fehlgeburten führen kann. Diese Wirkung war in der Volksmedizin bekannt und führte zur Verwendung als Abtreibungsmittel, was jedoch als unsicher und gefährlich gilt.
Personen mit bekannter Allergie gegen Pflanzen der Korbblütlerfamilie (Asteraceae), zu denen auch Beifuß gehört, sollten vorsichtig sein, da Kreuzallergien möglich sind. Bei Pollenallergikern kann es zu Kreuzreaktionen mit Beifußpollen kommen (Beifuß-Allergie-Syndrom). Bei einer bekannten Allergie gegen Sellerie, Karotten, Gewürze oder Kräuter der Apiaceae-Familie ist ebenfalls Vorsicht geboten, da oft Kreuzallergien mit Beifuß bestehen.
Bei bestehenden Erkrankungen der Leber oder Gallenblase sollte vor der Anwendung von Beifuß ein Arzt konsultiert werden, da die enthaltenen Bitterstoffe diese Organe stimulieren. Auch Wechselwirkungen mit Medikamenten sind möglich, insbesondere mit blutgerinnungshemmenden Mitteln, da Beifuß die Blutgerinnung beeinflussen kann. Bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten sollte daher Rücksprache mit einem Arzt gehalten werden.
Beifuß in der modernen Zeit
In unserer modernen Zeit erlebt Beifuß eine Renaissance als vielseitiges Heilkraut. Nach einer Phase, in der traditionelles Kräuterwissen oft belächelt wurde, wächst das Interesse an natürlichen Heilmethoden und heimischen Heilpflanzen wieder. Die moderne Forschung bestätigt zunehmend die Wirksamkeit von Beifuß und liefert wissenschaftliche Erklärungen für viele seiner traditionellen Anwendungen.

Im Bereich der ganzheitlichen Frauenheilkunde erfreut sich Beifuß besonderer Beliebtheit. Immer mehr Frauen suchen nach natürlichen Alternativen zur Linderung von Menstruationsbeschwerden oder zur Unterstützung bei hormonellen Ungleichgewichten. Auch in der begleitenden Therapie bei Endometriose oder PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom) wird Beifuß von manchen Therapeuten empfohlen, wobei hier die Abstimmung mit dem behandelnden Arzt wichtig ist.
In der kulinarischen Welt wird Beifuß wiederentdeckt – nicht nur als traditionelles Gewürz für Gänsebraten, sondern auch in der modernen Fusionsküche. Innovative Köche experimentieren mit seinem charakteristischen, leicht bitteren Aroma in Cocktails, Desserts und als Bestandteil von Kräuterölen. In der nordischen und japanischen Küche wird Beifuß geschätzt und findet Eingang in verschiedene Gerichte. In Korea ist eine Beifuß-Art sogar Bestandteil traditioneller Reiskuchen.
Auch im spirituellen Bereich erlebt Beifuß ein Comeback. Die Tradition des Räucherns mit Beifuß (oft als „Smudging“ bezeichnet) wird wieder populärer, wobei die Pflanze zur energetischen Reinigung von Räumen und Personen verwendet wird. Diese Praktiken haben ihre Wurzeln in indigenen amerikanischen und schamanischen Traditionen und werden heute von vielen Menschen wiederentdeckt, die nach ganzheitlichen spirituellen Praktiken suchen.
Fazit
Beifuß ist ein faszinierendes Beispiel für eine Heilpflanze, die über Jahrtausende und Kulturkreise hinweg geschätzt wurde und heute eine neue Wertschätzung erfährt. Von seiner Rolle in der Frauenheilkunde über die verdauungsfördernden Eigenschaften bis hin zu seinen entzündungshemmenden und antimikrobiellen Wirkungen bietet Beifuß ein beeindruckendes Spektrum an Heilwirkungen, die zunehmend auch wissenschaftlich untersucht und bestätigt werden.
Die Vielseitigkeit des Beifuß – als Heilmittel, Küchenkraut, Räucherwerk und spirituelles Werkzeug – macht ihn zu einer besonderen Pflanze in der Naturheilkunde. Seine robuste Natur, die einfache Kultivierung und die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten ermöglichen es jedem Interessierten, die Kraft dieser traditionsreichen Heilpflanze selbst zu erfahren.
In einer Zeit, in der wir uns zunehmend auf natürliche Heilmethoden und traditionelles Wissen besinnen, erinnert uns der Beifuß daran, dass wertvolle Heilmittel oft direkt vor unserer Haustür wachsen. Mit seinem reichen Erfahrungsschatz aus verschiedenen Kulturen und seiner zunehmenden wissenschaftlichen Validierung steht Beifuß exemplarisch für die Brücke zwischen Tradition und moderner Heilkunde – eine Verbindung, die für eine ganzheitliche Gesundheitsversorgung immer wichtiger wird.
Häufig gestellte Fragen zum Beifuß
Wie unterscheide ich Beifuß von ähnlichen Pflanzen?
+Der gewöhnliche Beifuß (Artemisia vulgaris) hat einige charakteristische Merkmale, die ihn von ähnlichen Pflanzen unterscheiden:
- Blätter: Die Blätter sind fiederteilig mit spitzen Abschnitten, oberseits dunkelgrün und unterseits auffällig silbrig-weiß behaart. Diese zweifarbige Erscheinung ist ein wichtiges Erkennungsmerkmal.
- Stängel: Der gerippte, oft rötlich überlaufene Stängel kann bis zu 1,5 Meter hoch werden und ist im oberen Bereich verzweigt.
- Blüten: Die unscheinbaren, gelblich bis rötlich-braunen Blütenkörbchen erscheinen von Juli bis September in rispenartigen Blütenständen.
- Geruch: Beim Zerreiben verströmen die Blätter einen charakteristischen, würzig-aromatischen Duft.
- Wermut (Artemisia absinthium): Hat grau-silbrige Blätter auf beiden Seiten und einen intensiveren, bitteren Geruch.
- Rainfarn (Tanacetum vulgare): Hat goldgelbe, knopfartige Blütenköpfchen und Blätter ohne silbrige Unterseite.
- Wilde Möhre (Daucus carota): In jungem Zustand ähnliche Blattform, aber ohne silbrige Unterseite und mit charakteristischem Möhrengeruch.
Kann man Beifuß auch in der Küche verwenden?
+Ja, Beifuß hat eine lange Tradition als Küchenkraut, besonders in der europäischen Küche. Seine Verwendung in der Küche umfasst:
- Klassisches Gänsebratengewürz: In Deutschland ist Beifuß das traditionelle Gewürz für Gänse- und Entenbraten. Er unterstützt die Verdauung des fettreichen Fleisches und verleiht ihm ein aromatisches Aroma.
- Fleischgerichte: Auch bei anderen fettreichen Fleischsorten wie Schwein oder Lamm kann Beifuß die Verdaulichkeit verbessern und einen interessanten Geschmack beisteuern.
- Suppen und Eintöpfe: Eine kleine Menge getrockneter Beifuß gibt deftigen Suppen eine besondere Note.
- Kräuteröle und -essige: Beifuß kann für aromatisierte Öle und Essige verwendet werden, die dann zum Verfeinern von Salaten und Marinaden dienen.
- Kräuterbutter: Eine mit Beifuß verfeinerte Butter passt hervorragend zu gebratenem Fisch oder Kartoffelgerichten.
- Asiatische Küche: In Japan, Korea und China werden verschiedene Beifuß-Arten zum Würzen, für Suppen und sogar in Desserts verwendet.
Warum wird Beifuß in der Frauenheilkunde eingesetzt?
+Beifuß hat eine lange Tradition in der Frauenheilkunde, die auf mehrere Wirkungsmechanismen zurückzuführen ist:
- Krampflösende Wirkung: Die enthaltenen ätherischen Öle und Cumarine wirken spasmolytisch (krampflösend) auf die glatte Muskulatur der Gebärmutter, was bei Menstruationskrämpfen Linderung verschaffen kann.
- Durchblutungsfördernde Eigenschaften: Beifuß kann die Durchblutung im Beckenbereich anregen, was bei unregelmäßiger oder schwacher Menstruation hilfreich sein kann.
- Hormonelle Balance: Einige Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Inhaltsstoffe des Beifuß auf den Hormonhaushalt einwirken können, was die traditionelle Verwendung bei hormonellen Ungleichgewichten erklären könnte.
- Entzündungshemmende Wirkung: Die antiinflammatorischen Eigenschaften können bei Entzündungen im Unterleib unterstützend wirken.
- Nervenstärkende Komponente: Beifuß kann bei begleitenden psychischen Symptomen wie Stimmungsschwankungen während der Menstruation oder in den Wechseljahren unterstützend wirken.
- Dysmenorrhoe (schmerzhafte Regelblutung)
- Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung)
- Unregelmäßigem Zyklus
- PMS (Prämenstruelles Syndrom)
- Wechseljahresbeschwerden
- Geburtsvorbereitung und Geburtserleichterung
Was ist Moxibustion und wie wird Beifuß dabei verwendet?
+Moxibustion ist eine traditionelle Therapieform aus der Chinesischen Medizin, bei der getrockneter Beifuß (in China meist die Art Artemisia argyi) auf oder über bestimmten Akupunkturpunkten verbrannt wird. Diese Wärmetherapie wird seit über 2500 Jahren praktiziert und zielt darauf ab, den Qi-Fluss (Energiefluss) im Körper zu regulieren und Heilungsprozesse zu fördern. Es gibt verschiedene Formen der Moxibustion:
- Direkte Moxibustion: Kleine Kegel aus gemahlenem Beifuß werden direkt auf der Haut platziert und angezündet. Diese Methode wird aufgrund der Verbrennungsgefahr heute seltener angewandt.
- Indirekte Moxibustion: Der Beifuß wird auf einer Schicht aus Salz, Ingwer oder anderen Materialien verbrannt, die zwischen Haut und Moxa liegen.
- Moxa-Stäbchen: Zigarrenartige Stäbchen aus komprimiertem Beifuß werden angezündet und in einem Abstand von 2-3 cm über den Akupunkturpunkten gehalten.
- Nadel-Moxa: Beifuß wird auf dem freien Ende von Akupunkturnadeln verbrannt, wodurch die Wärme über die Nadel in den Akupunkturpunkt geleitet wird.
- Moxa-Box: Eine Schachtel mit brennendem Beifuß wird über der zu behandelnden Körperregion platziert, um eine größere Fläche zu erwärmen.
- Schmerzbehandlung, insbesondere bei chronischen Schmerzen und Arthritis
- Stimulation des Immunsystems
- Behandlung von Erkältungen und respiratorischen Erkrankungen
- Verdauungsstörungen
- Frauenheilkunde, einschließlich Menstruationsbeschwerden und Fruchtbarkeitsprobleme
- Wendung von Steißlagen bei Schwangeren (an spezifischen Akupunkturpunkten)
Welche Rolle spielt Beifuß bei spirituellen und rituellen Praktiken?
+Beifuß hat eine reiche Geschichte ritueller und spiritueller Verwendung in verschiedenen Kulturen weltweit. Zu den bekanntesten spirituellen Anwendungen gehören:
- Räucherwerk (Smudging): Besonders bei indigenen Völkern Nordamerikas wird der eng verwandte Artemisia-Typ „White Sage“ oder „Prairie Sage“ als heiliges Räucherwerk verwendet. Die getrockneten Pflanzenteile werden gebündelt, angezündet und der Rauch wird zur energetischen Reinigung von Räumen, Gegenständen und Personen eingesetzt. Diese Praxis hat sich inzwischen weit über die ursprünglichen Kulturen hinaus verbreitet.
- Traumkräuter: In vielen Traditionen gilt Beifuß als „Traumkraut“, das unter das Kopfkissen gelegt die Traumaktivität fördern und zu prophetischen oder besonders klaren Träumen führen soll.
- Schutzpflanze: Im europäischen Volksglauben galt Beifuß als Schutz gegen böse Geister, Hexerei und negative Energien. Er wurde über Türen gehängt oder in Form von Kränzen und Amuletten getragen.
- Sonnwendrituale: Zur Sommersonnenwende wurden in vielen europäischen Regionen Beifußkränze getragen oder Beifuß ins Feuer geworfen, um sich vor Krankheiten und Unglück zu schützen.
- Johanniskraut-Tradition: In der christlichen Tradition wurde Beifuß zusammen mit Johanniskraut am Johannistag (24. Juni) gesammelt und als besonders heilkräftig angesehen.
- Reiseschutz: Der Name „Beifuß“ weist auf die traditionelle Verwendung als Schutz für Reisende hin – man glaubte, dass er Müdigkeit vertreibt und die Beine stärkt, wenn man ihn bei Wanderungen in die Schuhe legte.
- Reinigungsrituale: In ostasiatischen Kulturen, besonders in Korea und Japan, werden bestimmte Beifuß-Arten bei Reinigungsritualen und religiösen Festen verwendet.